Wie Wettermodelle funktionieren

Wer heute Wettervorhersagen treffen möchte, die über den aktuellen Tag hinausgehen, wird kaum auf sie verzichten wollen: Die Wettermodelle. Bekannt sind sie unter ihren Kürzeln, z.B. GFS, GME, ECMWF, UKMO (s.u.). Im Internet sind viele ihrer Ergebnisse – in verschiedensten Wetterkarten grafisch hervorragend aufbereitet – für jedermann zugänglich.

Doch wie funktioniert ein solches Modell überhaupt? Zentrale Grundlage ist stets ein gedachtes Netz aus fast quadratischen Rechtecken, das den gesamten Globus ähnlich einem Gitter aus Längen- und Breitengraden überspannt. Und weil sich das Wetter im dreidimensionalen Raum abspielt, erstreckt sich dieses Netz vom Boden aus auch in vielen Schichten in die Luft – bis an den äußeren Rand der Atmosphäre in 31 km Höhe. Das GFS-Modell des amerikanischen Wetterdienstes besitzt beispielsweise eine horizontale Auflösung von etwa 55 km bei 64 Schichten.

Vor dem Start eines Modelllaufes werden die Computer mit aktuellen Wetterdaten gefüttert. Jede Masche des Modellgitters bekommt einen Wert für Temperatur, Luftdruck, Wassergehalt etc. zugewiesen. Das ist nicht einfach: Denn nur in den seltensten Fällen befindet sich an einem Knotenpunkten auch tatsächlich eine Wetterstation. In der Regel werden die Durchschnittswerte der Wetterstationen genommen, die irgendwo zwischen den Maschenkreuzungen liegen. Die Daten für die höheren Luftschichten stammen von Wetterballons und Satellitenmessungen. Fehlende Messdaten werden aus den Prognosen früherer Modellläufe übernommen.

 

Täglich 720 Schnappschüsse der Atmosphäre

Im Modell gibt es unzählige komplizierte Gleichungen, welche die Abhängigkeiten einzelner Variablen wie Temperatur, Feuchte, Sonneneinstrahlung etc. für jeden einzelnen Gitterpunkt beschreiben. Der Computer löst diese Gleichungen in Zeitschritten von üblicherweise jeweils 2 Minuten. So fertigt er pro Vorhersagetag 720 „Schnappschüsse“ des Zustandes unserer Atmosphäre an. Um das Wetter so auf zehn Tage im Voraus zu berechnen, brauchen die Hochleistungscomputer, auf denen die Modelle laufen, drei bis fünf Stunden.

Den Wetterdiensten helfen die Modelle sehr. Besonders die mittelfristige Vorhersage ist in den vergangenen Jahren deutlich besser geworden. Heute erreichen die Meteorologen für den fünften Vorhersagetag eine Trefferquote, die sie vor zehn Jahren nur für drei Tage im voraus garantieren konnten. Dennoch sind auch die Computermodelle alles andere als perfekt.

Das Chaos des Wettergeschehens lässt sich selbst mit sehr dichten Modellgittern nur in Grenzen auflösen. Relativ ungenau erfassen die Modelle all jene Prozesse in der Atmosphäre, die mit Transport von Energie in Form von Wasserdampf zusammenhängen. Das Verdampfen und Kondensieren von Wasser, das Aufbauen und Auflösen von Cumulus-Wolken ist ein derart komplexer und vor allem auch kleinräumiger Prozess, dass die grobmaschigen Modelle ihn nur Ansatzweise nachvollziehen können.

 

Regenwahrscheinlichkeit zeigt Fehlerquote

Diese Fehlerquote spiegelt sich in der so genannten Regenwahrscheinlichkeit wieder, die in der Wettervorhersage auftaucht. 30% Regenwahrscheinlichkeit bedeutet übrigens nicht, dass es an einem Drittel des Tages regnen wird. Vielmehr spiegelt dieser Wert das statistische Verhältnis von Wettermodell zur Realität: 30% Regenwahrscheinlichkeit heißt, dass es in der Vergangenheit an drei von zehn Tagen mit ähnlicher Modellprognose geregnet hat – und das kann dann sogar 24 Stunden Dauerregen gewesen sein!

Gut beherrschen die Modelle die großräumigen Energieflüsse, vor allem den überregionalen Wind können sie nahezu perfekt vorhersagen, zumindest was seine Richtung betrifft. Weniger genau prognostizieren sie Stärke und Böigkeit, denn diese Faktoren werden viel stärker von den (lokalen) Bedingungen am Boden beeinflusst. Überhaupt darf man die Ergebnisse der Modelle nur als „Durchschnittswetter“ einer relativ großen Region verstehen. Denn die Werte eines Modellgitterpunktes stellen das Mittel des Wetters in den vier umliegenden Quadranten dar.

Eine Maschenweite (Quadrantenbreite) von 55 km führt dazu, dass ein Modellgitterpunkt am Boden das Wetter im Mittel für rund 12.000 Quadratkilometer beschreibt. Das ist immerhin mehr als die Hälfte des Landes Hessen! Selbst das so genannte Lokalmodell des Deutschen Wetterdienstes (DWD), das den Großraum Deutschland mit einer Modellgitterweite von 7 km berechnet, schafft damit nur Durchschnittsprognosen für Flächen in der Größenordnung von einem Drittel des Saarlandes.

Angesichts solcher Werte bleibt natürlich die Frage, wie typische Internet-Wetterdienste (wetter.com, donnerwetter.de, u.a.) überhaupt kleinräumigere Prognosen für Städte oder Postleitzahlenbereiche anbieten können? Das gelingt ihnen zum einen, indem sie die Wetterwerte zwischen den Modellgitterpunkten durch Interpolation ermitteln, was allerdings fehleranfällig ist. Zum anderen vertrauen sie darauf, dass der Nutzer dieser Wetterdatenbanken wenig von Wettermodellen versteht und sich darum vorgaukeln lässt, er bekäme dort besonders genaue Angaben.

 

Geländeform wird nivelliert

Wie ungenau die Wettermodelle das lokale Wetter abbilden, wird auch deutlich, wenn man sich vor Augen hält, was die große Maschenweite der Modelle mit der Geländeform anstellt. Der Erdboden wird nivelliert, Bergkuppen werden rechnerisch abgetragen und tiefe Täler aufgefüllt, selbst die Alpen werden in der groben Gitterdarstellung zu einer leicht gewellten, 1500 Meter hohen Hochebene. Lokal begrenzten Steigungsregen, den Regenschatten hinter Gebirgszügen oder die Abweichungen lokaler Windsysteme durch die Kanalwirkung eines Tales können die Modelle darum kaum berechnen.

Trotz all dieser Einschränkungen sind die Wettermodelle sehr wertvoll. Denn sie geben wichtige Hinweise darauf, wie sich die Großwetterlage entwickelt, insbesondere wenn man deren Ergebnisse fortlaufend beobachtet. Daraus lässt sich dann mit Erfahrungswerten und aktuellen Beobachtungen vor Ort doch noch hinreichend genau prognostizieren, ob das Wetter an den nächsten Tagen fliegbar wird oder nicht.

In der Praxis sollte man stets die Ergebnisse verschiedener Modelle miteinander vergleichen. Denn kein Modell ist so gut, dass es stets alle Wettersituationen exakt erfassen kann. Jedes bereitet die Daten etwas anders auf, beruht zum Teil auf anderen Formeln. Somit kocht jedes Modell sein Süppchen etwas anders. Und die Wahrheit liegt häufig irgendwo dazwischen.

 

Die interessantesten Wettermodelle:

Es gibt eine Vielzahl von Modellen der verschiedenen Wetterdienste. Diese verwenden unterschiedliche numerische Methoden, Gitter und Parametrisierungen und können daher in ihrer Vorhersage erheblich voneinander abweichen. Die Modelle werden üblicherweise mindestens einmal täglich neu berechnet und starten zu den synoptischen Hauptterminen 0, 6, 12, 18 Uhr UTC.

Zu den bekanntesten Modellen gehört das globale Modell GFS (Global Forecast System, ehemals AVN) der US-amerikanischen NOAA. Es berechnet viermal täglich Vorhersagen. Die GFS-Daten sind frei erhältlich und werden daher besonders von kleinen Wetterdiensten genutzt.

GFS ist in drei Teil-Modelle aufgeteilt, von denen das detaillierteste eine Prognose für alle drei Stunden der nächsten 3,5 Tage liefert und eine Gitterauflösung von etwa 40 km hat. Das langfristige Teil-Modell reicht bis 16 Tage in die Zukunft, prognostiziert das Wetter allerdings nur für alle zwölf Stunden und hat eine geringere Auflösung.